Archive for the 'persönlich' Category

13
Aug
11

Ein U-Boot-Christ taucht auf.

Zugegeben, ein vorzeige Christ war ich nie; werde ich auch wohl nie sein. Dafür bin ich zu politisch. Aber nach mehr als 5 Jahren in Dortmund zog es mich dann doch wieder in die Messe. Ein kurzer, innerlicher Disput entstand. Sonntags um 10? Samstags um 18:00? Die Entscheidung war gefallen. Am darauf folgenden Samstag ging es in die Sankt Gertrudis Kirche. Weiß verputzt von außen; funktionaler Baustil; für eine Kirche verhältnismäßig jung. Ich kenne den Bau seit einigen Jahren und war doch nie drinnen. Vielleicht, weil ich in meiner Schulzeit in jede Kirche rennen musste, die es auf jedem Wandertag zu passieren gab. Vielleicht auch, weil die Kirchen in Dortmund allzu oft nur offen sind, wenn in ihnen eine Messe, Veranstaltung oder ähnliches stattfand. St. Gertrudis also war eine katholische Landmarke in einer protestantischen Dortmunder – nein eher muslimischen Nordstädtischen Gesellschaft.
Ich suchte also mein Gotteslob heraus und machte mich auf den Weg. Von weitem waren die Glocken zu hören. Zumindest die ersten Schritte. Etwa 15 Minuten vor Messebeginn, ich war gerade knapp 100m unterwegs, hörten sie plötzlich auf. Gottes stetige Einladung hört einfach auf. Hektisch schaute ich auf die Uhr. Zu spät war ich nicht. Dauerte das Läuten nicht bis kurz vor dem Beginn der Messe? Wollte Gott meinen Entschluss testen? Ich ließ mich also nicht von meinem Wege abbringen! Stattdessen beschleunigte ich meinen Schritt und kam nach weiteren 400m an der St Gertrudis an.
Ein Lämpchen durch ein Fenster leuchtete. Die Messe schien stattzufinden. Ich versuchte hineinzukommen. Bei der 5ten Tür klappte es. Die sechste war auch auf; Flügeltüren. Was ein Glück. Ich war pünktlich und habe die Hürde des Hineinkommens mit Applaus bewältigt. Ich verließ das Foyer und betrat das Kirchenschiff. Leer. Also fast. Möbel und Bilder waren schon da. Menschen eher nicht. 12 zählte ich. Und da geschah es. Es stand mir und meinem Schritt im Weg. Plötzlich war es einfach da. In der Mitte des Ganges: Jenes Becken mit jenem Wasser, mit welchem sich die Kirchgänger bekreuzigen, wenn sie eine Kirche betreten. 24 Augen schauten mich an. Ein Glück, es war massiv; zumindest massiv verankert und wackelte nicht. Es war keine Schale voll Wasser. Es war ein Brunnen. Mulde, Stein drauf, Wasser aus dem Stein kommend. Modern.
Aber seit wann werden solche elementare Bestandteile plötzlich als Zimmerbrunnen aufgebaut? Dann auch noch mitten im Wege? Ich war irritiert, traute mich nicht, die Bekreuzigung durchzuführen. Schon wieder böse Blicke. Der Küster ordnete die roten Gotteslob Bücher und ließ mich offensichtlich nicht aus den Augen. Ich suchte mir eine Bank (aus). Im hinteren Teil des zweiten Drittels. Ich hatte die Hoffnung, dass weitere Kirchgänger kommen würden und sich vor mir hinsetzen würden. Da war es wieder. Dieses Missverständnis. Es kamen weitere Menschen; sie setzten sich jedoch in meinem Rücken. Also direkt hinter mich. Ich saß quasi in der 10ten Reihe und doch direkt vor dem Altar.
Welch ein Luxus. Freie Platzwahl, freier Blick und keine Enge. Aber es half mir nicht. Ganz rechts außen, in meinem Augenwinkel saßen drei weitere Menschen. Sie sollten mein Anker sein. Eine von diesen dreien war auch noch mobil. Sie sollte mir helfen, wenn ich es wieder durcheinander bringen sollte: Stehen, Sitzen, Stehen, Stehen, Knien, Stehen, Stehen, Knien, Sitzen? Ach ich habe es nie drauf gehabt. Bis heute war es auch nicht notwendig. Die Kirchengemeinden im Osnabrücker und Emsland wussten immer vorauseilend, was zu tun war. Ich brauchte mich also nur zu orientieren. Jetzt fühlte ich mich jedoch beobachtet. Die Altarbelegung vor mir ließ mich nicht aus den Augen (ich war auch wohl der jüngste) und das atmende Pärchen räusperte immerzu in meinen Nacken.
Nun gut. Ich wollte wieder in die Messe und durch die zahlreichen Kommunions- und Firmunterrichtsstunden musste schließlich irgendetwas hängen geblieben sein. Intuitiv ging ich die Sache an. Ich kannte das erste Lied und freute mich, der Melodie folgen zu können. Das Ehepaar in meinem Rücken sang spontan auch so laut, dass ich gar meine Stimme an ihrem Gesang anlehnen konnte. Der Start ist geglückt. Nun konnte es weitergehen. Doch nach zahlreichem Singsang – ich behaupte die Diözese Osnabrück ließ deutlich weniger singen – begann ich zu stolpern. Der Pastor erwartete auf so manchen Ausspruch eine Reaktion der Gemeinde. Ich tat, was ich erlernt hatte. Doch entweder fehlte mir grundsätzlich ein Wort, was nur das Paar in meinem Rücken auffiel, die daraufhin kommentierten, dass ich bald einschlafen würde (!), oder ich ein Wort zu viel sprach, was wiederum der versammelten Gemeinde auffiel. Das zog sich so denn auch durch die komplette Messe; von meinem großartigen Gesang ganz zu schweigen.
So siezte ich, als ich hätte duzen müssen. Ich verweigerte einen Knick, als ich hätte Knicksen müssen. Ich setzte mich, als ich mich hätte knien müssen. Ich sang die erste Strophe, als es die dritte zu singen galt. Ja und vollkommen aus der Fassung geriet ich, als der Pastor vorne am Ende seiner Fürbitten für die Diakone und angestellten der Gemeinde und Kämpfer für den katholischen Glauben seiner Gemeinde einen schönen Samstagabend, einen ruhigen Sonntag und eine gute Woche wünschte. Zu allem Überfluss antworte der Mann des Ehepaares hinter mir lautstark mit echter Ruhrpottbetonung „Danke, gleichfalls“. Mein Mund schwieg, mein Körper jedoch reagierte: ich hob die Hand und machte eine stumme, zustimmende Bewegung.
Dann war es vorbei. Ich verließ die Kirche mit einem Knicks zu viel, fingerte in dem Zimmerbunnen und bekreuzigte mich ein letztes Mal und stand vor der Kirche.

In diesem Sinne: Friede sei mit Ihnen!

13
Feb
10

kein Salz mehr da? Nehm ich halt Wasser!

Das scheint sich zumindest eine Dortmunder Bewohnerin bei mir um die Ecke gedacht haben. Seit Wochen hat der Winter auch das Ruhrgebiet fest im Griff. Hatten wir eigentlich geglaubt, mit dem abgetauten Schnee wäre nun alles vorbei und der Frühling könne einziehen, hat sich hier ein Rückfall eingestellt. Salz gab es aber wohl noch nicht wieder, die Räumpflicht besteht dennoch. Zunehmend mehr Menschen treten nun in den Räumstreik.

Eine Bürgerin jedoch scheint es alles beweisen zu wollen. Als ich an ihr vorbei ging war der Bürgersteig komplett schneefrei. Kein einziger Fußabdruck blieb über. Mit dem dampfenden Eimer, einer Zigarette im Mundwinkel betrachtete sie mit einem zufriedenen Grinsen ihr Werk. Einen kurzen Augenblick hatte ich das Gefühl, ihre Augen wollten mir sagen: Hab ich das nicht gut gemacht?

Als ich zurückkam war das Werk dann vollendet. Eine feinste Fläche glitzerndes Eis war entstanden. Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren und freute mich über diesen kleinen Schildbürgerstreich und befand innerlich, dass sie das sehr gut gemacht hat!

25
Jan
10

die eintrittskarte mit bequemlichkeitszuschlag

Ein besonderes Leckerlie aus meiner alten Heimatstadt Meppen ist mir am Wochenende aufgefallen. Während die Kommunen überall klagen, dass ihre Bäder nicht ausgelastet seien und sie ein zu großes Minus fahren, geht die Stadt Meppen einen anderen Weg. Sie hat erkannt, dass Vielschwimmer sicherlich sportliche Menschen sein können, aber dennoch einen gewissen Komfort erwarten.
Warum also nicht eine Eintrittskarte anbieten, mit der die Schwimmergemeinschaft nur einmal zahlen muss und eine gewisse Anzahl an Eintritten auf einmal abgelten kann. Kein lästiges Kleingeldsammeln mehr, viel schneller ins Bad und nur ein einziges Mal von den 10 bzw. 30 Eintritten über den Automaten fluchen!
Damit wird eine höhere Auslastung erreicht, der Umsatz gesteigert und somit der Verlust verringert. Ja, soweit kenne auch ich das System aus anderen Bädern, Kommunen und Badeanstaltsanbietern.
Eine wahre Innovation ist es aber, dass jene Mehrfachkarten auch mehr kosten. Satte 7€ wird auf die 10er Karte draufgeschlagen. Statt 20€ für 10 mal Schwimmen (also 10X2€), kostet die 10er Karte nun 27€ (also 2,70€). Allerdings die 30er Karte ist günstiger als die 10er Karte. Sie kostet nur 73€, was einer Ersparnis von 8€ gegenüber dem Kauf von 3 Zehnerkarten bringt, jedoch 13€ teurer ist als der Einzelkauf.

Wahnsinn. Mein Komfprtzugewinn kostet mich gerade mal 7€ bzw. 14 oder nur noch 13€, wenn ich wirklich häufig schwimmen gehen will!

Danke, liebe Stadt Meppen!

Alles weitere lest ihr hier: Eintrittspreise Badeanstalten Meppen

18
Jan
10

track der woche

Nun scheint es sich durchzusetzen, dass ein Video des Tages, ein Soundtrack des Lebens oder ein Motto der Woche auf den Blogs gepostet wird. Wer mich kennt, weiß auch nur zu gut, dass ich für so etwas schnell zu begeistern bin.

So habe ich mir denn nun seit gestern auch wohl überlegt, womit ich starten möchte. Was bietet sich da besser an, als ein Stück von dem Album zu nehmen, das ich als erstes besessen habe?

Nun hier das Ergebnis (sogar mit Karaokefunktion):

14
Jan
10

Es muss Anfang Dezember gewesen sein, als ich in Münster an einer Glühweinbude stand. Es regnete immer wieder, die Menschen quetschten sich möglichst nah an den Tresen entlang und hatten dennoch gute Laune. Mit meinem Glühweingesprächpartner diskutierte ich etwas unerwartet über die politische Debatte zum Themenbereich Freiheit vs. Sicherheit und einem normalen und modernen Umgang mit „neuen“ Möglichkeiten des Internets. Außer Frage, wir haben jeden Bereich angerissen und blieben doch letztlich beim Internet hängen.
Kinderpornografie, Netzsperren, Zensur, Geistiges Eigentum, etc.
Ich berichtete nur kurz, dass ich das Thema spannend finde, mir allerdings das passende Vokabular fehle, um ernsthaft und sicher Auftreten zu können. Insgesamt hätte ich ein difuses Gefühl von dem, was richtig und was falsch sei. So wäre ich davon überzeugt, dass die Netzsperren keinen Sinn machen und ein Instrument sind, dass für den Bereich der Kinderpronografie ersteinmal vollkommen zahnlos ist. Die Bekämpfung der Kinderpronografie hielt ich aber für richtig. Ich bekam Zustimmung und ganz nebenbei fast schon ein tiefgreifendes Referat über die Hintergründe und Gefahren für Demokratie, Freiheit und Gesellschaft. Beinahe populistisch pflichtete ich bei, dass es ja ein Skandal sei, dass ausgerechnet eine kleine Gruppe beim BKA entscheiden solle, welche Seiten zensiert werden sollten oder eben nicht.
Immerhin würden uns schließlich unterschiedliche Gruppierungen immer wieder zeigen, dass es online ein regelrechtes „Katz und Maus-“ Spiel gäbe. Womit wir dann spätestens bei unseren Erfahrungen mit etwaigen Downloads von Musik und Filmen waren, die wir in unserer Jugend gesammelt haben. Bleibt mir noch heute ein Auspruch eines Freundes im Ohr „Napster ist tot, es lebe das französische Gegenstück“, welcher zugleich gut die Situation beschreibt. Das Gespräch drehte sich noch ein wenig weiter um die Möglichkeiten, die es tatsächlich geben würde und wie man sie anwenden könne.
Ich konnte allerdings keine sinnvolle Bewertung abgeben und zog mich schließlich darauf zurück, dass ich die Situation beobachten werde und mit Sicherheit kein großer „Internetpolitiker“ (große Wortschöpfung!) werden würde. Die Vorkenntnisse derer, die sich Tag täglich mit diesem Thema auseinandersetzen würden, könnte ich nicht mehr aufholen.

Vor einigen Tagen lag eine Bürobesprechung an. Mein Chef diskutierte mit mir seine Homepage, die ich zu pflegen habe. Welche Dinge bleiben in der neuen Legislatur drin, welche sollen raus, wo ist noch Veränderungsbedarf. Wie haben sich seine Schwerpunkte verlagert und was verdammt macht er eigentlich thematisch im Rechtsausschuss JURI?
„Geistiges Eigentum und alles was damit zu tun hat“ – „Echt?“ – „Ja“.

So dreht sich alles und ich freue mich seitdem wie ein Schneekönig. Vielleicht werde ich doch noch ein „Internetpolitiker“ – oder Don Quijote…

10
Nov
09

wie der netto meine frisur verhinderte

Neun Uhr. Der Wecker schrillte. Schnell hoch, das Handy alias mein Wecker drohte sich vom Schreibtesch, der drei Meter von meinem Bett entfernt stand, herunterzuvibrieren. Der Ton ist unausstehlich. Gute Wahl, denke ich bei mir. Doch wo war ich? Es war nicht mein zu Hause aber dennoch vertraut. Immerhin fand ich den Weg zum Schreibtisch noch bevor ich die Augen öffnete – ohne gegen Stühle, Mülleimer oder sonstiges bodenbelegendes Zeug zu stoßen. Ich orientierte mich, stellte fest, dass alles gut war. Es war kein fremdes Zimmer und keine fremde Frau oder Mann lag in dem großen Bett. Nein, da lag eigentlich gar niemand.
Neun Uhr also. Ich hatte mir vorgenommen aufzustehen -irgendwann letzte Nacht zwischen eins und zwei. Aber da ich nun einmal wach war, konnte ich auch duschen gehen und den Tag freudig beginnen. Zurück in dem Zimmer meines Schlafes durchsuchte ich meine Tasche. Ich fand sie nicht. Ich hatte nicht nur mein Duschgel vergessen sondern obendrein auch meine Bürste. Ein Blick in den Spiegel verriet: Eine Katastrophe. Ich sah aus, als hätte ich in eine Steckdose gepackt. Also zumindest glaubte ich, dass Menschen die in eine Steckdose fassen so aussehen müssten. Meine Haare standen zu allen Seiten hin. Bürste, Kamm oder eine Gabel, nichts war zu finden, mit dem ich meine Haare hätte richten können.
Also los, Mütze auf, Bürste, Kamm oder ähnliches kaufen. Ich wusste, dass 200 Meter entfernt ein „Plus“ war. Auf dem Weg dorthin erinnerte ich mich an den Werbespruch von „Plus“. Also jenen vor den „Kleinen Preisen“. „Prima-Leben-und-Sparen“. Feststellend, dass man als Werbetexter offensichtlich mit den flachsten Sprüchen eine große Menge Knete einheimsen konnte, ärgerte ich mich zu allem Überfluss nicht nur über meine vergessene Bürste sondern auch über die falsche Berufswahl: Raumplanung. Statt viel Geld für wenig gelungene Einfälle steht mir wenig Geld bei genialen Plänen bevor. Wie ungerecht!
Verdammt, hier ist alles anders. Im Gegensatz zum morgendlichen Wecker-Aufstehen- Ritual fand ich mich nicht zurecht. Alles war anders – nichts vetraut. Das Obst stand mir nicht mehr lieblos aufgebarrt im Weg sondern steuerte meine Bahn hin zum Müsli. Ich wollte doch gar kein Müsli. Das Fleisch verbaute mir den Weg zur Milchtheke. Morgens um halb zehn so viel Fleisch vor der Milchtheke verdirbt einem sofort den Appetit auf Frühstück. Und warum war eigentlich alles so verdammt Gelb? Die Einkaufswagen meiner Mitmenschen, die Preisschilder an den Regalen, die Regalverkleidungen. Tine Wittler? Nein, die konnte es nicht gewesen sein, es war eher schnörkellos und der Boden ist immer noch im klassichen „Discounter- Fließen- Look“ der 90er Jahre.
Da wurde mir klar, auch diese „Prima- Leben- und- Sparen“ Filiale ist umgewandelt worden. „Netto“. Für einen Studenten ein ungünstiger Name. Zahle keine Steuern, liege den Eltern auf der Tasche und nutze den Staat überall aus. Das Wort „Netto“ hat also für mich eine Bedeutung wie das Wort „Zahnseide“. Ich kenne es.
Ob es für „Netto“ wohl bald auch so sympathische Werbesprüche geben würde? Vielleicht entlehnt sich auch jemand einen Spruch aus der Politik: „Mehr Netto vom Plus“. Nein, ich bin nicht zum Werbetexter geboren.
Doch wo waren denn nun die Bürsten geblieben. Ich fand die Drogerieabteilung. Zahnpasta, Duschgel, Zahnseide, Nassrassierer für Sie und Ihn, mit und ohne schwenkbarem Rasierklingenkopf – alles war zu finden. Sogar eine Schere für die Fingernägel hing an diesem wunderbaren Regal. Eine Bürste suchte ich vergebens. Da fühlte ich mich auf einmal alt. Es durchschoss mich wie ein Blitz oder eben der Strom, wenn man in einer Steckdose gefasst hat. Diesen Satz, den ich nie denken und schon gar nicht sagen wollte: „Früher war alles Besser. Da war es hier noch ein Plus und ich konnte eine Bürste kaufen.“ Früher konnte der Plus neben dem Netto leben und der Edeka hat sich meist auch gefreut, wenn jemand vorbeischaute. Heute haben sich Plus und Netto zusammengetan und aus diesem Plus wurde Netto City. Aus meiner Bürste eine vergrößerte Auswahl an Zahnseide (gewachst, ungewachst, hart, weich, handgezwirbelt oder maschinell, blau, grün, rot). Aus einem Kunden mit positiven Lebensgefühl wurde ein Mensch, der das Brutto vermisste – seine Bürste.

14
Aug
09

Wacken 2009, nie da gewesen, aber durch die Presse live dabei?

„Kommst Du am Wochenende mit?“ fragte ich vor 5 Jahren. „Nö, ich fahr zum Wacken am Wochenende!“ Meine erste Reaktion war ein klassisches „Ah!“, ohne jedoch zu wissen, worum es ging. Es wirkte aber wohl nicht sehr souverän, da ich prompt die Erklärung geliefert bekam. So lernte ich also, dass das Wacken ein Metal Festival ist – liebeR  LeserIn  entschuldigt bitte, wenn Sie es nach wie vor anders beschreiben würden, aber eine tiefergehende Differenzierung wäre für mich peinlich und wahrscheinlich ebenso falsch.  Das Wacken ist also ein Festival, das irgendwo in Schleswig- Holstein stattfindet. Dabei ist der Name „Wacken“ der Name einer Gemeinde/Dorfes/Ortes mit viel Fläche drumherum. Ich lernte, dass dort andere Bands spielen, als beim Ring oder beim Hurricane und dass die Ausrichtung insgesamt etwas „härter“ sei.

Seitdem beobachtete ich jedes Jahr, wie dieses Festival wuchs und mit der Zeit verstand ich dann auch die vielen Devotionalien- Shirts, auf denen immer nur ein WOA XY stand. Ich begriff, dass die Feuerwehrortskappelle zu einem Kultstatus hochstilisiert worden ist und dass dieses Festival insbesondere durch seine Brüche lebte. Ein spießiges Bauerndorf mit einem geschlossenen Tante- Emma- Laden, der zum Festival immer wieder eröffnete, wird nun alljährlich von mehreren Zentausend Menschen überströmt, die alle vollkommen anders ticken, als die „Ur- Einwohner“ des Ortes. Störte sich wohl zu Beginn der Festival- Ära der Ortsvorsteher/Bürgermeister immer, dass sein Ortsschild geklaut worden war, freut er sich heute über eine spektakuläre Bekanntheit seines Ortes und sicherlich auch über die Anzahl der Übernachtungen, auf die so manche Kommune in Deutschland neidisch schauen wird.

Mittlerweile ist eine Entwicklung eingetreten, die mich überrascht. Dass sich die Einwohner von Wacken mit dem Festival arrangiert haben, ist schon erstaunlich genug. Kenn ich doch zu genüge die Abwehr-Diskussionen in meiner Heimatstadt und in Dortmund („zu laut“, „zu gefährlich“, „zu müllig“, „zu viel Gewalt“, „zu viel Alkohol“, „zu viel Dreck“, „verkommen der Sitten“ und „alles potentielle Amokläufer“). Aber nun gibt es in Wacken einen „Private Strip“ für 30€ in einer Garage, es wurden Dixis an der Wackener Hauptstraße  aufgestellt, die auch noch alle 2Stunden geleert werden (sic!), und aus jedem VW- Bulli lässt sich doch auf Teufel komm raus eine Bierbude machen.  Die Dorfbevölkerung arrangiert sich auch noch damit, dass die Festival Besucher offensichtlich ihr Festivalgelände verlassen, um sich mit den „normalo Bedürfnissen“ einzudecken und sich eine gewisse Freude an der Provokation der Einheimischen nicht verkneifen können.  Es scheint sich sogar eine Freundschaft zwischen beiden Gruppen zu entwickeln; wohlwissend, dass nach einigen Tagen alles vorbei ist und auch der letzte Besucher abgezogen ist.

Nun aber ist in diesem Jahre etwas Neues aufgetreten bzw. mir fällt es in diesem Jahr besonders auf:  Die Medienpräsenz ist gewachsen. Wurde vor einigen Jahren eine Dokumentation von einer Asiatin gedreht, fand man in einschlägigen Zeitschriften und Zeitungen Hinweise und mit der Zeit auch größere Berichte oder Artikel. Dieses Jahr waren Berichte in diversen Zeitungen zu finden. Durchaus überrascht war ich, in der Zeit- Ausgabe vom 6.08.09 über das Wacken zu lesen. Auch Pro Sieben berichtete in einem fast 5 Minütigen Trash- Beitrag und in diversen weiteren Blättern und Zeitungen der „etablierten Presselandschaft“ war über das Festival zu lesen. Teils mit Bewunderung, teils mit Skepsis aber durchaus immer mit dem Wunsch, eine neue „Jugendkultur“ darin zu finden. Das wirft in mir aber die Frage auf, in wie fern dieser Medienrummel das Wacken als Treffpunkt für eine Subkultur verändert und ob es im Sinne der Veranstalter und Besucher sein kann. Wird dadurch einer Kommerzialisierung Vorschub geleistet? Bleibt das Wacken damit noch das Wacken? Oder wird es mehr und zu einem gesellschaftlichen Event? Ich werde gespannt auf das Wacken Open Air 2010 (WOA 10) schauen.

Bleibt mir aus meiner Presseschau noch eine letzte Anekdote zu berichten. Die Schleswig- Holsteinische Landesregierung (sofern es sie denn noch gibt) empfahl  auf das Küssen zu verzichten, da sich dadurch die Schweingrippe stark verbreiten könne.

In diesem Sinne

Platzebo

PS: Wie sich herausgestellt hat, existiert in meinem Freundeskreis der Wunsch, dass David Hasselhoff auf dem WOA 10 für seine Verdienste um die Wiedervereinigung Deutschlands geehrt werden soll. Ob dies so kommt?  Es wäre ein weiterer Bruch, aber sicherlich ein Highlight.

28
Jul
09

Eine Frage der Zugehörigkeit

Als ich heute meine rss- feeds durchforstete, stieß ich auf diesen Eintrag von Rodde.Vollkommen alleingelassen erschien er und machte doch zugleich den Eindruck, sich in keine Schublade stecken lassen zu wollen. Oder doch? Vielleicht, wenn die Schublade groß genug gewesen wäre, hätte er es mit sich machen lassen. Vielleicht auch, wenn man ihm gesagt hätte, wie er sich verhalten solle.

Zumindest hat er sich mit einem Artikel der sueddeutschen.de beschäftigt. Grundtenor ist vielleicht, dass ein jeder Mensch sich in eine Schublade stecken lässt. Insbesondere Studenten. Dies habe immerhin jemand herausgefunden und festgestellt, dass sich in den vergangenen Jahren daran auch nichts geändert habe.

Als angehender Raumplaner stehe ich letztlich vor ähnlichen Problemen wie Rodde. Ich schließe mit einem Dipl. Ing. ab und bin doch keiner. Immerhin habe ich keine Mathe- Vorlesung besuchen (müssen) oder sonst ähnliche Mathekenntnisse aufweisen müssen. Gab es etwas zu rechnen, gab es meinen Taschenrechner, mein Handy.

Nun, aber mit etwas Abstand wird mir klar, ich finde mich dort auch wieder. Der Ingineur in mir steht unheimlich auf Muttis Eintöpfe und Suppen. Der Wirtschaftsförderer findet es super interessant, für belanglose Dinge unheimlich viel Geld auszugeben. In dem soziologischen Teil des Raumplanungsstudiums verbringe ich unheimlich viel Zeit mit Projektarbeit. Dort pflege ich persönliche Kontakte, esse Kekse und produziere am Ende ungefähr soviel wissenschaftliche Inhalte, wie ich in zwei Wochen alleine hätte schaffen können, statt in zwei Semestern mit 15 anderen. Klar findet es der Geisteswissenschaftler in mir vollkommen Klasse, klug und super klug zu klingen, wenn er vom zentralen Orte System nach Christaller oder der Bodenertragsrente von Heinrich von Thünen quaseln darf. Aber Cordhosen und Pullunder sind dann doch eher nix für mich. Da bin ich dann eher der Lehrer Typ, der Jeans mit Cordsakko kombinieren würde oder lieber die Jenashose ohne Gürtel tragen würde. Wenn schon ein modischer Fauxpas, dann sollte er doch wenigstens bequem sein.

Doch bleibt nun die Frage, welcher Schublade ich angehöre. Und da finde ich keine Antwort drauf. Ich denke, ich bin ein Staubkorn, dass durch die Schubladen wandert, sich aufwirbeln lässt. Heute esse ich Muttis Suppen, morgen trage ich Sakko und übermorgen kaufe ich mir eine Zigarre, um sie dann doch zu verlieren. Dabei wird mir klar: Ich bin in der Pubertät. Unentschlossen irre ich durch die Welt und weiß doch schon, was ich will:

Eine Schublade mit viel Chaos drin!

30
Jun
09

Gescheiterte Kommunikation – Der Schwimmbadbesuch

Noch eine letzte Bahn. Dann hatte ich mein Pensum für heute geschafft. Ständig hatte ich mit massivem Gegenverkehr zu kämpfen: ein flirtendes Pärchen, zwei Asiaten, die nicht schwammen und Kids, die zwar tauchen wollten, aber außer wilden Beinbewegungen nichts geschafft haben.

Da löste sich die Bahnenbegrenzung (diese Schnur mit den Plastikbällen) und ich frohlockte, zumindest auf dieser letzten Bahn ein wenig mehr Platz zum Ausweichen zu haben. Da rief der Badebemeister denn auch schon und bat mich, das Ende eben dieser Schnur wieder an das Beckenrand zu ziehen.

Es sah kinderleicht aus. Ich packte die Schnur und zog. Plötzlich ein Widerstand. Ich zog stärker. Der Bademeister bedeutete mir, dass alles in Ordnung sei. Das Ende müsse an den Beckenrand gebracht werden. Der Widerstand wurde stärker. Kurz entschlossen krallte ich mich am Beckenrand fest. Ich zog die Schnur mit einem Ruck an den Beckenrand, wollte sie mit stolz dem Bademeister übergeben, doch da lachte das ganze Schwimmbad und ein lautes „Platsch“ war aus 25m zu vernehmen.

Die Bademeisterin am anderen Ende  schien den Kampf verloren zu haben.

18
Jun
09

Szenen im ICE

Ort: ICE- Strecke von Dortmund nach Berlin, Zweite Klasse, ICE Typ eins.

Zeit: Mittwoch  Mittag

Mitwirkende: Fahrgast 1(m) und 2(w), etwa Mitte fünfzig an einem Vierer, eine Mutter (Mitte dreißig) mit zwei Kindern (zwischen drei und sechs) und entsprechendem Gepäck, weitere Zugestiegene im Rücken der Mutter

Szene:

Eine Mutter betritt den Waggon des ICEs von Dortmund nach Berlin via Hannover. Vor sich her schiebend ein Kind, im Schlepptau ein weiteres. In der Hand Papiere von der Deutschen Bahn. Offensichtlich suchend ergibt sich folgender Dialog:

Mutter: Entschuldigen sie, das sind unsere Plätze.

Fahrgast 1: Das glaube ich kaum.

Mutter: Ich schon. Ich habe die Plätze 20 bis 23 reserviert.

Fahrgast 2 wacht auf, schaut ihren Mann an, nimmt einen Schluck aus der Wasserfalsche, spült sich den Mund und schluckt.

Fahrgast 1: In welchem Waggon haben sie denn reserviert?

Mutter energisch: Platz 20 bis 23!

Fahrgast 2 schaut auf den Reservierungsschein: Sie haben in Waggon 33 reserviert. Dies ist 20.

Mutter: Muss ich darauf auch noch achten?