Posts Tagged ‘nordstadt

20
Feb
12

6 Wochen Saufraum – Café Berta in der Startphase

Es war wohl so etwas wie eine Bürgerversammlung, als sich die Nordstadt- Familie zum NordmarktPlus  traf und dem Input der Café Berta Betreiber lauschten. Dieser begab sich denn auch sogleich auf das dünne Eis. Die Vorurteile wie auch die Erwartungen sind ebenso groß wie mannigfaltig. Café Berta will diesen entgegentreten und deutlich machen, wie die ersten sechs Wochen verlaufen sind.

So erfahren die 30 Zuhörer, dass innerhalb in dieser Zeit bereits 1.500 Menschen – „wir nennen sie Klienten“ – begrüßt worden sind, die blutjunge Sozialarbeiterin ihre Arbeit aufgenommen hat, es bisher keine Beschwerden über den Beschwerdebriefkasten, dem Ordnungsamt oder über andere Kommunikationswege gab und schließlich nur ein Polizeieinsatz notwendig gewesen sei.

Überraschend offen war das Statement und die anschließenden Antworten – leider auch überraschend erschreckend.

1.500 „Klienten“ besuchten das Café Berta in den vergangenen Wochen. Davon seien aber nur 15% Frauen gewesen. Ebenso sei die Zahl in dem Sinne zu verstehen, dass es eine Einteilung des Öffnungstages gebe und es dadurch zu Doppellungen kommt, wenn der „Klient“ nur temporär im Café war und zu einer anderen Zeit wiedergekommen sei. Voll sei das Café vor allem ab 15:30, wenn mehr als 5-7 Personen dort anwesend seien. Dies zeugt davon, dass die 5 minus 1 Bürgerarbeiter bereits ihren Einsatz aufgenommen haben, deren Überzeugungswirkung nicht gerade das Ziel erreicht, die Alkoholiker-Quote u.a. auf dem Nordmarkt deutlich zu senken. Zumal der wetterbedingte Einfluss berücksichtigt werden muss. Was passiert, wenn keine winterlichen Temperaturen herrschen oder das Nasskalte dem Frühlingshafte weicht?

Bei dem Polizeieinsatz ginge es nicht um Angelegenheiten des Cafés, da dieses bereits geschlossen hatte. Dennoch habe man sich darum bemüht, die Polizei zu informieren, da die betroffenen Personen aus dem Café gekommen seien, als dieses geschlossen wurde. „Unsere Verantwortung endet eben nicht nach Ende der Öffnungszeit“, wurde denn auch stolz verkündet und lässt doch den faden Beigeschmack zurück, dass es eben wohl zu Problemen im Umfeld zu kommen scheint, welche die Wohnqualität der Menschen vor Ort nicht verbessert. Dies wird zudem dadurch bestätigt, dass neben diesem einen Polizeieinsatz weitere 2 eintägige Hausverbote erteilt werden mussten.

Dass der Beschwerdebriefkasten noch keine Beschwerde aus dem Umfeld erhalten haben, ist offenkundig ein gutes Zeichen. Doch stellte sich auch an dieser Stelle heraus, dass der Beschwerdebriefkasten nicht als solcher gekennzeichnet sei. Stattdessen ähnele er einem klassischen Briefkasten, welcher er aber nicht sei, denn „dazu haben wir einen zweiten Kasten an der Tür hängen“.

Bleibt schließlich die Sozialarbeiterin, die der versammelten Nordstadtfamilie versicherte, zahlreiche Aufgaben zu übernehmen. Ihr Tätigkeitsfeld umfasse dabei sowohl die Hilfe zur Einstufung in die Pflegestufe 1 als auch eine Art Kontrolle von Bescheiden der Arbeitsagentur, Behördentelefonate und die Schnittstelle zu Suchtberatungen. Ein echtes Allround- Talent also. Auf die Frage jedoch, welche Altersstruktur denn so ihre Beratungen in Anspruch nehme, stellte sich dem erstaunten Publikum heraus, dass „die meisten, also die allermeisten über 18 seien; deutlich über 18; denn unter 18 dürfe schließlich niemand in das Café Berta“.

Sechs Wochen sind bekanntlich keine 100 Tage und der Projektzeitraum, der vor allem als Modellversuch durch den Rechtsdezernenten betrachtet wird, beträgt eben 2 Jahre. Alles muss sich einspielen. So soll an dieser Stelle nicht der Stab über ein Projekt gebrochen werden, welches noch immer in der Startphase steckt. In den kommenden Tagen werde ich denn auch dort vorbeigehen und mir den Laden von innen anschauen – unangekündigt und mit einem kritischen Blick.

06
Okt
11

Der Straßenstrich wurde geschlossen – und nun?

Im Mai wurde der Dortmunder Straßenstrich geschlossen; eine hitzige und emotionale Debatte mit zahlreichen Verletzungen, Verwunderungen und Verzweiflung wurde zuvor geführt. Vom Kippen der Nordstadt war die Rede. Von einer Überfremdung war an den Ampeln zu hören. Nicht selten wurde das Problem wahlweise auf die EU, die für die Reisefreiheit verantwortlich sei, oder die Roma und Sinti, deren Lebensstil sich einfach nicht der Zivilisation anpassen könne, abgeschoben. Dass beide Begründungen deplatziert und letztere vor allem ein Relikt aus der alten, längst überwunden- geglaubten Ideologie der Nazis stammte, wurde nicht immer deutlich. Tragisch war das „Nicht- Handeln“ der Dortmunder Verwaltung, die lange Zeit dem Treiben und den Entwicklungen zuzuschauen schien.

Nun ist der Straßenstrich geschlossen. Jener Ort, der als Magnet für den starken Zuzug von Rumänen und Bulgaren angeführt worden ist. Zeit, noch einmal in die Nordstadt zu schauen. Was hat sich verändert? Was ist geschehen? Eine enorme Präsenz an Ordnungshütern, neudeutsch Task- Force, bestehend aus u.a. Ordnungsamt und Polizeikräften, ging mit der Schließung einher. Sie übernahmen das Zepter und – so schien es – wollten die Ordnung wieder herstellen. Alltäglich traf man in den ersten Wochen Razzien und Personenkontrollen in der Nordstadt auf. Ganze Parkstreifen wurden für Einsatzfahrzeuge gesperrt. Selbstzufrieden wurden die Gespräche an der Ampel geführt, die politischen Gremien freuten sich über Sicherheit und Ordnung und berieten sich, wie Sauberkeit hergestellt werden könnte. Das Sicherheitsempfinden schien zu steigen, die visuelle Belästigung durch Straßenstrichprostituierten sank ebenso wie der Freier- Such- Verkehr. Heute, im Oktober lässt sich feststellen, dass anscheinend von ehemals mehreren hundert Straßenstrichprostituierten ausschließlich etwa 30 übrig geblieben sind. Diese stehen jetzt im Wohngebiet.

Ein Erfolg aber wohl dennoch. Auch eine Belastung von umliegenden Städten und Kommunen ist momentan nicht festzustellen. Ein Erfolg, der so groß ist, dass nun die Task- Force ihren Einsatz bis zum Jahresende verlängert hat, um den Erfolg auch nachhaltig festigen zu können. Dies wird auch notwendig sein. Denn weder ist das Zusammenleben in der Nordstadt mit diversen Kulturen immer konfliktfrei noch sollte dem Irrglauben verfallen werden, eine Rückkehr des Straßenstrichs und der damit einhergehenden Begleiterscheinungen sei ausgeschlossen.

Wer aber nun der Überzeugung ist, die Probleme in der Nordstadt mit Ordnungskräften lösen zu können, der irrt ebenfalls. Rechtliche Ordnung ist das Fundament, auf dem die Gesellschaft dort aufbauen kann; sie ist Basis und Notwendigkeit zugleich. Darüberhinaus aber müssen weitergehende Ideen entwickelt, ausprobiert und wieder verworfen werden, um den Stadtteil in seiner Funktion als Integrationsmaschine zu stärken. Denn das zeichnet ihn aus und macht ihn interessanter als andere Orte im Ruhrgebiet.

13
Apr
10

Dortmunder Nordstadt: katastrophale Kennzahlen

Letzte Woche Zahlen aus der Lokalpresse zur Nordstadt:
62% besitzen einen Migrationshintergrund.
25,7% Arbeitslosigkeit
17.000 auf Geld nach SGB II angewiesen (von etwa 50.000)
340 von 1.000 Menschen beziehen Sozialleistungen. (gefolgt von Mengede, Eving, Scharnhorst mit werten zwischen 150-160)

Noch Fragen?